Essen und Trinken im Hinduismus

→ viele Hindus sind Vegetarier

Ein Hindu isst nicht nur um satt zu werden. Eine Mahlzeit ist für ihn auch ein wichtiger Teil seines religiösen Lebens. Daher befolgen viele Hindus unterschiedliche Speiseregeln. Sie richten sich jeweils nach der Glaubensrichtung und dem Lebensstadium, in dem sich der Hindu gerade befindet:
  • Viele Hindus sind Vegetarier und essen kein Fleisch. Der Grund: Hindus glauben an die ewige Wiedergeburt. Danach kann die Seele eines Menschen auch in einem Tier wiedergeboren werden. Daher wollen viele Hindus keine Tiere töten.
  • Jede Speise mit Rindfleisch ist für jeden Hindu verboten. Der Grund: Kühe sind Hindus heilig.
  • Hindus waschen sich vor jeder Mahlzeit die Hände, denn Sauberkeit ist ihnen immer wichtig, wenn sie ihre Religion ausüben. Das Essen gehört auch dazu. Außerdem gibt es einen praktischen Grund für die Sauberkeit bei Tisch: Viele Hindus benutzen zum Essen kein Besteck, sondern die rechte Hand.
  • Bis vor gar nicht langer Zeit aßen Hindus nur mit Angehörigen ihrer eigenen Kaste an einem Tisch. Sie fürchteten, dass sie sich an Menschen verunreinigen könnten, die einer niedrigeren Kaste angehören. Heute weichen schon einige Hindus von dieser Regel ab.
  • Beliebte Getränke sind in Indien auch unter Hindus Wasser, Chai-Tee und Kokosmilch. Vor allem zu scharf gewürzten Speisen trinken viele Hindus auch gerne das Joghurtgetränk lhassis.

 
Nahrung ist Gott, 
die Essenz der Nahrung ist Vishnu. 


Speisegebote
"...Alles, was Du tust, alles, was Du isst, alles, was Du spendest, aller Verzicht, den Du übst, soll mir dargeboten werden." (Bhagavad-gita 9.27)

Heute gilt es als gesichert, dass die Arier in der vedischen Kultur Rindfleisch so genossen wie anderes Fleisch auch. Verbindliche Speisevorschriften sind aus der Zeit nicht überliefert. Mit der Entstehung des Buddhismus und Jainismus entwickelten sich neue religiöse Vorstellungen. Die Gründer Siddhartha (Buddhismus) und Mahavira (Jainismus) stammten beide aus der Kriegerkaste. In diesen Religionen hat das Prinzip des Nicht-Verletzens (Ahimsa) eine große Bedeutung und wird auch auf Tiere bezogen. Daraus ergab sich die Forderung nach vegetarischer Ernährung, die dann für den Hinduismus übernommen wurde. Die "Food and Agriculture Organization" (FAO) berichtete 2003, dass 42 % der Inder als Laktovegetarier leben. Die übrigen 58 % sind weniger strenge oder gar keine Vegetarier. In einer Umfrage aus dem Jahr 2014 gaben allgemein noch 28,4 % der Männer und 29,3 % der Frauen an vegetarisch zu leben. Wobei der Anteil der Vegetarier zwischen den Bundesstaaten stark schwankt. Während in Rajasthan 73.2 % der Männer und 76.6 % der Frauen vegetarisch leben, sind es in Telangana nur 1,2 % der Männer und 1,4 % der Frauen [1].
Der Hinduismus schreibt auch Tieren eine Seele zu und gebietet folglich respektvollen Umgang mit allen Lebewesen. Die Kuh aber ist die heiligste Tiergottheit; in ihr sind alle Götter vereint. Es ist bis heute für fast alle Hindus undenkbar, Rindfleisch zu essen und in Indien ist, bis auf zwei Bundesstaaten, das Töten einer Kuh verboten.


Guna (Sanskrit = Eigenschaft, Qualität)
Der indischen Samkhya-Philosophie gemäß gibt es die Urmaterie (Prakriti). Sie setzt sich aus drei verschiedenen Gunas - Tamas, Rajas und Sattva - zusammen. Die Speisen werden den drei Gunas zugeordnet, wobei jene, die tamas sind, gemieden werden sollten:
  • Sattva "Gleichgewicht und Harmonie": Hierunter fallen wenig gewürzte Nahrungsmittel und beispielsweise Milchprodukte, das meiste frische Obst und Gemüse, Reis, Mandeln, Linsen (schwarz und braun) und Walnüsse. Sie bewirken Güte und Reinheit.
  • Rajas "Leidenschaft herbeiführend": Dies sind saure, bittere, trockene, salzige und sehr scharf gewürzte Speisen. Rajas Lebensmittel sollten nur in kleinen Mengen verzehrt werden. Hierzu zählen Aubergine, Avocado, Chilli, Erdnüsse, Essig, rote Linsen und → Salz. → Eier, Knoblauch und Zwiebeln werden oft auch tamas zugeordnet.
  • Tamas "Dunkelheit herbeiführend": Hierbei handelt es sich um alte Speisereste sowie verdorbene, stark verarbeitete oder überreife Lebensmittel. Hierzu zählen alkoholische Getränke, Fisch, Fleisch, frittierte Gerichte, Geflügel, Pilze, Süßstoff und Lebensmittel aus der → Mikrowelle. Sie machen die Menschen dumpf und träge.

Prasada
Prasada bedeutet "Barmherzigkeit". Dies wird Lebensmitteln zugeschrieben, die den Gottheiten im Tempel dargeboten werden. Für die Gläubigen ist die Opfergabe eine gute, religiöse Tat, die der spirituellen Reinigung von Körper, Geist und Seele dient. In den Tempeln sind gewöhnlich Brahmanen mit der Zubereitung von Speisen befasst. Nimmt man eine mit Hingabe zubereitete Prasada an, so steigert diese die Spiritualität des Gläubigen. Denn es ist ein weitverbreiteter Glaube, dass das Bewusstsein des Koches auf die Speisen übergeht und den Geist des Gläubigen beeinflusst.


Für Hindus kochen
Vegetarische Mahlzeiten ohne Eier sollten von den meisten Hindus akzeptiert werden. Fast alle frischen Obst- und Gemüsesorten können bei der Zubereitung verwendet werden. Im "grünen Bereich" sind auch Milchprodukte, Ghee (Butterschmalz) sowie Hülsenfrüchte. Als Beilage eignet sich beispielsweise Reis, Naan oder Chapati (auch Roti genannt). Dieses Fladenbrot wird aus Weizenvollkornmehl (Type 550) und Wasser hergestellt. In einem Gespräch kann vorab geklärt werden, inwieweit Eier, Fisch, Fleisch, Knoblauch, Zwiebeln oder auch Pilze toleriert werden.



Fasten im Hinduismus
Fasten spielt im Hinduismus eine fundamentale Rolle, wobei die Intensität unterschiedlich sein kann: von strengem Nahrungsverzicht bis zu leichten Einschränkungen bei der Ernährung sind alle Abstufungen zu finden. Wann und wie gefastet wird, entscheidet der Gläubige selbst. Meist orientiert er sich an der Gemeinschaft, der Familie oder aber an seinen individuellen Vorlieben.

Die Ausübung des Fastens im Hinduismus
Wie in vielen Religionen spielt das Fasten auch im Hinduismus eine Rolle. In der hinduistischen Religion ist Fasten keine Pflicht, sondern ein moralischer und spiritueller Akt, der Körper und Geist reinigen und die Gunst der Gottheiten erwerben soll. Es gibt verschiedene Arten des Fastens, die mehr oder weniger streng ausgestaltet und mehr oder weniger schwer zu befolgen sind. Sie variieren je nach persönlicher Überzeugung, nach Familie oder Gemeinschaft.
In manchen Fällen wird pro Tag auf ein Gericht verzichtet. Für den Körper bedeutet das Fasten allerdings nicht unbedingt Mangel oder Leiden. Manchmal genügt es, bestimmte Nahrungsmittel wegzulassen oder durch andere zu ersetzen, ohne die Menge zu verringern. Ein Fleischesser gibt sich zum Beispiel mit einem streng vegetarischen Gericht zufrieden. Vegetarier verzichten oft auf Reis, Weizen, Gerste und Linsen, die sie aber durch Kartoffeln ersetzen. Es ist sogar möglich, den ganzen Tag über Süssigkeiten zu naschen. Diese Einschränkungen können auch eine Gelegenheit sein, Abwechslung in den Alltag zu bringen oder neue Speisen auszuprobieren. Die Ankündigung eines Fastentags kann sogar Genuss verheissen. Modak ist zum Beispiel eine Süssigkeit aus Kokosnuss in Reisteighülle, die für bestimmte Fastentage zur Feier des Gottes Ganesh zubereitet wird.


Fastenzeiten im Hinduismus
Die religiöse Praxis des Hinduismus ist von mehreren Fastenzeiten geprägt. Die von den meisten befolgte Fastenzeit ist Ekadashi, die zweimal im Monat, am elften Tag jedes aufsteigenden und absteigenden Mondes, stattfindet. Die Feier zu Ehren von Shiva am Jahresanfang ist ein weiteres wichtiges Fastenereignis. In den Monaten Juli und August ernähren sich viele Hindus vegetarisch und fasten montags und samstags bis zum Abend. Ausserdem verzichten viele hinduistische Frauen montags auf Essen, um einen guten Ehemann zu bekommen.


Gandhi und das Fasten
Mohandas Gandhi (1869 – 1948), der den Beinamen Mahatma (Sanskrit: „grosse Seele“) trug, spielte beim Übertritt Indiens in die Unabhängigkeit eine entscheidende Rolle, indem er die Prinzipien der Gewaltlosigkeit und des zivilen Ungehorsams systematisch anwendete. Aus religiöser Überzeugung – und um sich aus körperlicher Abhängigkeit zu befreien - war er ein konsequenter Fastenanhänger. Zusätzlich diente ihm das Fasten aber auch als politisches Druckmittel. Er trat mehrmals in Hungerstreik, um gegen Gewaltexzesse in der Bevölkerung zu protestieren.